Neue Grenzen in Europa? Bürgerforum des Europäischen Parlaments in Grafenwörth

Flüchtlingskrise, Bürokratie und TTIP: Was die BürgerInnen in Grafenwörth bewegt.12.06.2016

Die Europaabgeordneten Heinz K. Becker (ÖVP/EVP), Angelika Mlinar (ALDE/Neos), die Landtagsabgeordneten Doris Hahn (SPÖ), Udo Landbauer (FPÖ) und Madeleine Petrovic (Grüne) sowie Landesrätin Barbara Schwarz standen über 200 BürgerInnen aus Grafenwörth zu aktuellen EU-Themen Rede und Antwort. Eingeleitet wurde die Veranstaltung von Bürgermeister Alfred Riedl.

Heinz Becker sprach sich in Bezug auf EU-Reformen für mehr Bürgerbeteiligung, aber gegen weitere Vereinheitlichung aus: "Wir brauchen keine europäische Bauordnung". Beim Thema Migration habe es lange gedauert, bis es eine klare Linie gäbe: Reisefreiheit in Europa funktioniere nur, wenn die Außengrenzen geschützt seien. Ansonsten gelte die Genfer Konvention: Verfolgte müssen geschützt werden; ob allerdings Wirtschaftsflüchtlinge aufgenommen werden, entscheiden die Staaten selbst.

Für Angelika Mlinar sind die Forderungen nach mehr BürgerInnenbeteiligung und nach bester Bildung die Gründe, warum es die Neos überhaupt gibt. Sie spricht sich für ein erfolgreiches Freihandelsabkommen mit den USA aus - nämlich so, wie es dem Verhandlungsauftrag des Europäischen Parlaments entspreche, mit klaren Vorgaben zB ohne Import von genmanipulierten Nahrungsmitteln -allerdings sei derzeit noch keine Zeile davon vorhanden.

Doris Hahn forderte bezüglich der Flüchtlinge eine klare und rasche europäische Lösung unter Beteiligung aller 28 EU-Staaten. Bei der Zusammenarbeit mit der Türkei sei sie skeptisch, weil diese wichtige vereinbarte Punkte nicht umsetze, etwa im Bereich Menschenrechte und Pressefreiheit. Eines der größten Probleme Europas seien ganz andere Wirtschaftsflüchtlinge: "Steuerflüchtlinge, nämlich große Unternehmen".

Udo Landbauer meinte, das angebliche Informationsdefizit sei "nur Gerede": Die Menschen sind an Politik interessiert, sie sind nur mit den Ergebnissen unzufrieden. Bürgerbeteiligung ist wichtig, wird aber auf europäischer Ebene behindert, wie zB beim Votum in den Niederlanden. Bezüglich der Flüchtlinge sei die wesentliche Frage, "wie werden die Anreize für Wirtschaftsflüchtlinge verringert".

Madeleine Petrovic meinte zum Thema Informationsdefizit, die Menschen seien dann gut informiert, wenn sie betroffen seien: "Dann fordern sie ihre Rechte ein und kennen sich aus". Die Menschen müssen wissen und das Gefühl haben, dass ihre Stimme zählt, das sei der Schlüssel zur besseren Information. TTIP lehne sie als Instrument des Killerkapitalismus ab.

"Menschen, die an Leib und Leben bedroht sind, muss geholfen werden", erklärte Landesrätin Schwarz. Das seien Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte. Insgesamt müssten längerfristig auch die Herkunftsländer und -Regionen unterstützt werden, um den Menschen eine Perspektive zu Hause zu ermöglichen. "Da müssen wir auch Geld in die Hand nehmen", sagte die Landesrätin.

Die Bürgerforen des Europäischen Parlaments bieten Bürgerinnen und Bürgern, denen europäische Angelegenheiten am Herzen liegen, die Möglichkeit, mit PolitikerInnen zu diskutieren und ihnen Fragen zu stellen. Am Podium sitzen sowohl Europaabgeordnete als auch Vertreter der regionalen Politik.

Fotos von der Veranstaltung finden Sie hier

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