Heinz K.Becker bei der Regionalkonferenz der Europäischen Seniorenunion in Münster
Teilnehmer kamen aus Belgien, Großbritannien, Luxemburg, Österreich, Polen, Slowenien, Tschechien und Deutschland.14.09.2015
Zu einer international besetzten Regionalkonferenz hatten die Europäische Seniorenunion (ESU) und die Senioren Union der CDU Deutschlands nach Münster eingeladen. Teilnehmer kamen aus Belgien, Großbritannien, Luxemburg, Österreich, Polen, Slowenien, Tschechien und Deutschland. Nach einleitenden Worten durch ESU-Vizepräsidentin Dr. Gabriele Peus- Bispinck und einem Grußwort des regionalen CDU-Kreisvorsitzenden, Josef Rickfelder, sprach der Generalsekretär des Österreichischen Senioren Bundes Heinz Becker MdEP und verwies u.a. auf die Bedeutung der älteren Generation als jetzt und in weiterer Zukunft europaweit weitaus größte Wählergruppe.
Zum aktuellen Problem der europaweiten Flüchtlingsbewegung meinte Becker, dass es menschliche und namentlich Christenpflicht sei, Opfern von Krieg und Verfolgung unter allen Umständen und in jedem Fall zu helfen. Dies erfordere einerseits ein hohes Maß an Solidarität der europäischen Staaten unter- und zueinander und andererseits eine notwendige Unterscheidung und Abgrenzung zu Zuwanderern, die sich in der europäischen Union ein wirtschaftlich besseres Leben versprechen. „Diese Motivation ist zwar verständlich, würde aber die Aufnahmekapazitäten in den Kommunen und die Leistungsfähigkeit der Sozialsysteme übersteigen“, folgert der österreichische Europaabgeordnete.
Europa, ein Ergebnis bitterer Erfahrungen
Im Rahmen der Konferenz erinnerte der Bundesvorsitzende der Senioren Union, Prof. Dr. Otto Wulff, an die Anfänge der Idee zur Entwicklung einer gemeinsamen Politik in und für Europa. Seien es nach Ende des 2. Weltkrieges zunächst auf gemeinsame Verteidigung ausgerichtete Motive, um u.a. gegenüber der damaligen Sowjetunion und dem Kommunismus zu bestehen,
so seien später wirtschaftliche Gründe hinzugekommen, die den Gedanken einer europäischen Einigung beförderten. Ausschlaggebend sei schließlich die gemeinsame Auffassung gewesen, dass der Kontinent Europa von der christlichen Idee und den Grundsätzen der Aufklärung geprägt ist. „Diese Grundwerte sind es, die es sicherstellen, dass heute die Bürgerinnen und Bürger auch in unserem Vaterland ihren jeweiligen Glauben frei leben können“, erklärt der Vorsitzende der mit rd. 55.000 Mitgliedern zweitstärksten Vereinigung der CDU Deutschlands.
„Es war dies keine selbstverständliche Entwicklung, es war vielmehr eine gemeinsame Leistung von Menschen, die aus den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit gelernt hatten.“ Flüchtlingspolitik auf europäischer Ebene nötig Wulff unterstützt Aussagen der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit der Forderung zur Lösung der mit damit verbundenen Probleme auf europäischer Ebene und richtet einen deutlichen Appell an die europäische Gemeinschaft zur Wahrung der gemeinsamen Werte. Anders habe Europa keine Chance, die anstehenden Probleme mit der Vielzahl einreisender Flüchtlinge aus den Krisenherden des nahen Ostens zu lösen. Diese Aufgabe sei ein Prüfstein, an dem sich entscheiden werde, wie sich Europa weiterentwickeln würde.
Markus Pieper sieht Nagelprobe europäischer Solidarität
Dr. Markus Pieper MdEP, mittelstandspolitischer Sprecher der EVPFraktion, wähnt die europäische Staatengemeinschaft in der Flüchtlingspolitik vor einer der größten Herausforderungen der Nachkriegszeit. „Auf keinen Fall darf es einen Rückfall in die Zerstrittenheit vergangener Jahre geben. Wir sind innerhalb der Gemeinschaft auf Solidarität angewiesen“, betont Pieper, seit 2004 Europaabgeordneter der CDU für Nordrhein-Westfalen und den CDU-Bezirksverband Münsterland vor der gut besuchten Veranstaltung.
Zukunft einer Gesellschaft längeren Lebens
Prof. Dr. An Hermans, Präsidentin der Europäischen Seniorenunion, betonte in ihrer Rede u.a. die Bedeutung und Funktion der regionalen ESUKonferenzen. Erstens: Kollegen treffen, die dieselben gesellschaftlichen Ansichten vertreten und dasselbe soziale Engagement zeigen. Zweitens: Stärkung der Führungskräfte in unseren Organisationen, d. h. „Capacity-Building“ und „Empowerment“. Schließlich: Neue Konzepte entwickeln, um zu einer „altersfreundlichen Gesellschaft“, einer „age-friendly society“, beizutragen, als einerseits Auftrag an Senioren selbst, aber auch als Aufruf und eine Herausforderung für Behörden auf allen Ebenen und Gruppen und Dienstleistern in allen Bereichen der Gesellschaft. Das reiche von der Zugänglichkeit der Gebäude und Transportmittel über die Fürsorge und Digitalisierung bis hin zu Wohnen und Tourismus. Es gebe, so Hermans, keinen Bereich in dem es nicht möglich wäre, unsere Gesellschaft zu einer zukunftsorientierten „Gesellschaft eines längeren Lebens“ zu machen. In den letzten Wochen sei man mit dem Problem der Flüchtlingskrise konfrontiert worden. Viele Fragen und Probleme, die schon Jahre schlummerten, seien plötzlich zutage getreten. Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen sei nicht nur das Problem von Deutschland, sondern von ganz Europa. Nicht nur von mutigen Regierungschefs wie Angela Merkel, die gesagt habe: „Deutschland ist ein starkes Land. Wir schaffen das!“ Führungskräfte und Bürger aus verschiedenen Ländern seien aufgefordert, gemeinsam diese Herausforderungen anzugehen. Mit Erfahrung und Offenheit für neue Herausforderungen. Mit Verantwortlichkeit und Solidarität, sowie Achtung für Menschenrechte.
Expertenwissen gefragt
Bettina Hartmann, Mitarbeiterin des Senior Experten Service (SES), beschrieb anschließend diese seit 1983 bestehende Stiftung der Deutschen Wirtschaft als deutsche Ehrenamts- und Entsendeorganisation für Fach- und Führungskräfte im Ruhestand. Finanzielle Unterstützung erhalte der SES unter anderem durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). SES-Experten unterstützten vor allem kleine und mittlere Unternehmen, öffentliche Institutionen und Verwaltungen sowie Einrichtungen der Schul- und Berufsbildung in erster Linie in Entwicklungs- und Schwellenländern in bisher über 26.000 ehrenamtlichen Einsätze in 160 Ländern.
Älterwerden – aktiv bleiben, möglichst gesund alt werden
Bundesministerin a. D. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ursula Lehr, die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren Organisation (BAGSO) betonte in ihrem Referat, es komme nicht nur darauf an, wie alt wir werden, sondern wie wir alt werden und es gelte, nicht nur dem Leben Jahre, sondern auch, den Jahren Leben zu geben! In einer Zeit des demografischen Wandels müsse jeder Einzelne etwas dazu tun, Selbstständigkeit und Unabhängigkeit möglichst lange zu erhalten. In Zeiten weltanschaulichen und technischen Wandels, dem Wechsel von langfristigen zu kurzfristigen Bindungen sei lebenslanges Lernen vonnöten. Mit zahlreichen anschaulichen Statistiken und Schaubildern stellte die führende deutsche Gerontologin die demografischen Fakten zunehmender Langlebigkeit dar.
Alter hat viele Gesichter
Das Alter – so wurde außerdem deutlich – hat viele Gesichter: Da ist zum einen der kompetente, ältere Mensch, der noch im hohen Alter alleine seinen Alltag meistert und da ist zum anderen der kranke, hinfällige ältere Mensch, der auf Hilfe und Unterstützung angewiesen ist. Die individuellen Unterschiede seien erheblich und Altern sei stets das Ergebnis eines lebenslangen Prozesses mit ureigensten Erfahrungen. Einfluss nähmen u.a. schulische Bildung, berufliches Training, Lebensstil und Art der Auseinandersetzung mit Belastungen.
Prävention statt Pflege
Weitere Schwerpunkte der Referentin bildeten Ausführungen zum gesunden Älterwerden. Lehr setzt Prävention und Rehabilitation vor Pflege, denn Alter müsse nicht zwangsläufig Pflegebedürftigkeit bedeuten. Prävention heiße Kontrolle von Risikofaktoren, gegen die man z.T. durch körperliche und geistige Aktivität angehen kann. Eine ihrer Grundforderungen lautet: Langlebigkeit verpflichtet zu einem gesunden und kompetenten Altwerden. Ende der 50er Jahre habe die Seniorenarbeit in Deutschland mit der Frage begonnen: „Was kann die Gesellschaft
für die Senioren tun?“ Senioren wirken mit Inzwischen habe sich die ältere Genration umfassend geändert: Sie sei gesunder und kompetenter geworden, wolle und könne mitgestalten und mitwirken – wenn man sie nur ließe. Noch verbreitete negative Altersbilder stünden dem manchmal entgegen. Deswegen müsse man heutzutage fragen: „Was können die Senioren für die
Gesellschaft tun?“ Sie tun schon sehr viel, mit diesem Fazit beschloss die ehemalige Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit ihren mit viel Beifall bedachten Vortrag.
Fotos von der Veranstaltung finden Sie hier
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