Lebensmittelteuerung
Europa leidet bereits seit einigen Jahren an einer überproportionalen Teuerungswelle bei Lebensmitteln, welche die Kaufkraft unserer Bevölkerung zunehmend bedroht. Die Preisexplosion bei Gütern des täglichen Bedarfs, die neben Lebensmittel auch die Energie betrifft, ist mir als Sozialsprecher der österreichischen EVP-Delegation vor allem angesichts der in ganz Europa durchgeführten Sparpakete und Steuererhöhungen sowie des dadurch bedingten Rückgangs der Reallöhne ein Anliegen allerhöchster Priorität. Es sind speziell die Personen niedrigen Einkommens, wie etwa Senioren, für die das eine oft unüberwindbare Bürde in der Bewältigung des Lebensalltags darstellt und die von dieser Preisexplosion massiv getroffen werden.
Ich fordere daher alle verantwortlichen Akteure auf, unverzüglich Antworten auf diese inakzeptable Problemlage zu liefern. Da einige der Faktoren für die hohen Lebensmittelpreise (siehe unten) aber nur auf europäischer Ebene effektiv bekämpft werden können, sehe ich neben unseren Regierungsverantwortlichen insbesondere auch die Europäische Kommission in der Pflicht.
Die konkreten europaweiten Maßnahmen, die von der EU-Kommission zu entwickeln und durch die Regierungschefs zu unterstützen sind, müssen sich insbesondere an zwei eindeutig identifizierte Bereiche richten:
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Lebensmittelrohstoff-Spekulation: Hier erzeugen Auswüchse in den internationalen Finanzmarkt-Spekulationen auf Lebensmittelrohstoffe eine inakzeptable Situation. Zum Beispiel führen unverständlicherweise erlaubte Wetten auf höhere Preise oft tatsächlich zum Preisanstieg im Supermarktregal. Ich bin mir sehr wohl der Bedeutung der Rohstoffmärkte für die Lebensmittelversorgung bewusst, wenn sie nach den Regeln der Ethik und der ökonomischen Vernunft funktionieren. Nun gilt es aber, die erkannten Missstände bei unzulässigen und völlig von den realen Märkten abgekoppelten Spekulationen auf Lebensmittel unverzüglich zu unterbinden!
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Binnenmarkt ("Österreich-Aufschlag"): Hier ist die Tatsache besonders irritierend, dass Lebensmittel in Österreich vielfach deutlich teurer gehandelt werden als in wirtschaftlich vergleichbaren Ländern wie Deutschland. Der Preisanstieg seit 1996 beweist: In Österreich plus 33%, in Deutschland hingegen plus 18,5% - das bedeutet eine rund 80% höhere Teuerung der Lebensmittel als im Nachbarland! Aufgrund uns vorliegender, vertraulicher Informationen steht fest, dass dies in hohem Ausmaß auf die Praxis internationaler Lebensmittelproduzenten zurückzuführen ist, beim Verkauf identer Waren an österreichische Handelsunternehmen signifikant höhere Einstandspreise als in anderen EU-Staaten zu verlangen. Gegen diesen "Österreich-Aufschlag" sind Handelsbetriebe nicht nur in Österreich, sondern in der gesamten EU bisher machtlos, weil Ihnen von den internationalen Lebensmittelherstellern verboten wird, die identen Markenartikel aus anderen EU-Staaten zum oft niedrigeren Preis zu importieren. Für mich stellt diese Praxis einen klaren Widerspruch zum Sinn des Binnenmarktes und zu den Zielsetzungen des freien Handels dar.
Bei all diesen Maßnahmen muss die Kommission die europäischen Sozialpartner umfassend einbinden und auch die nationalen Regierungen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich in die Verantwortung nehmen.
Dringliche Anfrage an die Kommission
Um verstärkt Druck auf die Europäische Kommission zu einem raschen Handeln auszuüben, habe ich mich Mitte Jänner 2012 entschlossen im Rahmen meiner Anti-Teuerungsinitiative, die sich im Übrigen der vollsten Unterstützung seitens meiner ÖVP-Kollegin und Kollegen im Europaparlament sicher sein kann, eine dringliche Anfrage an die Kommission zu schicken, in der ich Sie aufgefordert habe, mir die konkreten Maßnahmen zu kommunizieren, die sie gedenkt gegen die beiden oben genannten Missstände zu treffen.
In der am 20. Februar 2012 eingelangten Antwort (hier zum Download) erklärt die EU-Kommission, welche konkreten Schritte im Kampf gegen die oben geschilderten Missstände sie als notwendig und richtig erachtet. Vor allem hinsichtlich der Punkte 1 und 3 konnten nicht zuletzt auf Druck des Europaparlaments gerade in den vergangenen Monaten erste Etappenerfolge gefeiert werden!
Erste Etappenerfolge
Lebensmittelrohstoff-Spekulation: Diese Spekulation soll durch gezielte Finanzmarkt-Regulierung seitens der EU beschränkt werden. Im Oktober 2012 wurde durch die Abstimmung des EU-Parlaments zur sogenannten MiFID-Richtlinie ein zentraler Schritte in diese Richtung getan. Das Parlament plant dadurch verbindliche Obergrenzen für die Anzahl auch solcher spekulativen Verträge zu setzen, die im Endeffekt die realen Preise von Lebensmittel und Energie künstlich in die Höhe treiben. Der Beschluss muss jedoch erst von den Mitgliedsstaaten abgesegnet werden, die ich daher auch dringend auffordere, die Einigung des EU-Parlaments keinesfalls mehr zu verwässern.
Binnenmarkt ("Österreich-Aufschlag"): Hier ruft die EU-Kommission die Handelsunternehmen auf, ihr entsprechende Beweismittel vorzulegen, damit sie wenn nötig auch rechtlich gegen betreffende Nahrungsmittelhersteller vorgehen kann. Diese Forderung unterstreiche ich voll und ganz und verweise insbesondere auf eine von der Kommission initiierte und aktuell laufende Öffentliche Konsultation über unlautere Handelspraktiken, an der sich noch bis 30. April 2013 Bürger, Behörden sowie vor allem Unternehmen des Lebensmittelsektors beteiligen können. Aus dem dieser Konsultation zu Grunde liegenden Grünbuch geht klar hervor, dass die Kommission auch die hier als "Österreich-Aufschlag" bezeichnete Praxis als eine solche betrachtet, gegen die konkrete europäische Maßnahmen erforderlich wären. Die hierfür notwendigen Sachbeweise und Informationen können die betroffenen Handelsunternehmen nun im Rahmen dieser Konsultation liefern. Eine einfache Mail an die Kommission genügt! Alle näheren Details finden Sie hier.
Diese ersten Erfolge sind richtig und wichtig, doch bei weitem noch nicht ausreichend! Zunächst muss auf die konkrete Umsetzung beschlossener Gesetze ein kritisches Auge geworfen werden und selbst das bedeutet noch lange nicht, dass für den tatsächlichen Effekt in der Praxis nicht noch weitere politische und gesetzliche Maßnahmen notwendig sein werden - damit endlich der Preisanstieg an den Lebensmittelregalen auch für alle spürbar eingedämmt wird.
Gemeinsam mit meinen Kollegen im Europarlament werden wir weiterhin unbeirrt dafür kämpfen!