Zugang Blinder zu Büchern

Basierend auf einer Petition der Europäischen Blindenunion, unterstützt durch die Europäische Dyslexie-Vereinigung, hat das Europäische Parlament am 22. Mai 2013 erneut die Problematik des eingeschränkten Zugangs sehbehinderter und legasthenischer Personen zu Büchern und Printmedien debattiert.

Gemeinsam mit MEP-Kollegen aus allen Fraktionen und den unterschiedlichsten Ländern forderte ich in dieser Aussprache Rat und Kommission auf, sich im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO, Teilorganisation der UNO) für einen praktikablen und unbürokratischen Vertrag in Bezug auf Urheberrechts-Ausnahmen für Blindenformate bei Büchern und Printprodukten einzusetzen.
Das Parlament fordert schon länger einen solchen Vertrag; sein wichtigstes Ziel soll sein, durch eine Befreiung von Urheberrechts-Regelungen den Blindenorganisationen die spezifische Produktion und grenzüberschreitende Verteilung von Büchern in Blindenformaten für ihre Mitglieder zu ermöglichen und dadurch die Verfügbarkeit solcher Formate erheblich zu steigern.

Laut Blindenorganisationen leiden blinde, sehbehinderte und legasthenische Menschen nämlich unter einem stark eingeschränkten Zugang zu durch Copyright geschützten Büchern und Zeitschriften. Über 95% der Veröffentlichungen in Europa sind nicht in für diesen Personenkreis lesbaren Formaten zugänglich. Im Rest der Welt sind es sogar 99%. Dies bedeutet, dass Lesestoff aller Art für zig Millionen von Menschen weltweit unleserlich bleibt. Auf Ebene der WIPO sind seit Jahren Verhandlungen über eine generelle Ausnahme aus dem Copyright für Blindenformate wie etwa Braille- oder Großschrift im Gange, die den grenzüberschreitenden Austausch von Lesematerial für Blinde, Sehbehinderte und Legastheniker erleichtern soll.

In den Augen der Blinden- und Legasthenikervertreter sowie des Europäischen Parlaments sollten diese Verhandlungen in einen Vertrag münden, der auch die direkte Verteilung der Bücher an Einzelpersonen ermöglicht sowie keinerlei kostspielige und zeitintensive Verfahren für die oft ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter von Blindenorganisationen vorschreibt. Die Europäische Kommission als Verhandlungsführerin im Namen der EU nimmt aktuell jedoch in der WIPO noch eine Position ein, die diesem Ansinnen der Blindenorganisationen in mancherlei Hinsicht entgegenläuft.

Sinn dieser Aussprache im Plenum des Europaparlaments war es also, die Kommission und die Mitgliedsstaaten aufzufordern, sich in den Verhandlungen auf WIPO-Ebene klar und konsequent für den Abschluss eines für die Blindenvertreter handhabbaren und praktischen Vertrags mit rechtlicher Verbindlichkeit einzusetzen.

Als Behindertensprecher der ÖVP-Delegation im Europäischen Parlament unterstütze ich dieses Ansuchen des Parlaments voll und ganz und habe diese meine Position auch in meiner Stellungnahme im Rahmen der Plenardebatte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.